Sunday, December 21, 2014

Gursky´s "Beelitz" und Richters "Ausschnitt No. 271" im Vergleich

The original "Beelitz" with the artist Andreas Gursky: 



Gurskys Bild "Beelitz" wirkt auf den ersten Blick wie einfache, streng abstrakte Malerei, wie eine Aufreihung schwarzer Linien mit ockerfarbigen Zwischenräumen. Die Bildgliederung ist streng horizontal, die ca. 100 horizontalen Linien werden durch die schwarzen Linien und gewisse gleichmäßige Reflektionslinien innerhalb der schwarzen Linien gebildet. Es gibt einige linsenartige Ausbuchtungen der ockerfarbigen Flächen, die das Bild interessanter machen, aber die strenge Linienkomposition nicht aufheben.

 

Remake CHO; inspired by "Beelitz"

Erst wenn wir genauer hinsehen und näher treten, entdecken wir das es das hochauflösende Foto einer realen Szene ist. Das Bild zeigt Spargelstecher bei der Arbeit. Jeder der Arbeiter hat eine kleine Schubkarre bei sich, auf der mehr oder weniger viele Spargel liegen. Viele Spargelstecher haben die schwarzen Iso-Folien angehoben, um die Spargel in den Hochbeeten darunter stechen zu können. An den Schatten können wir erkennen, dass es ein Bild vom frühen Morgen ist.

Die Menschen sind von hoch oben fotografiert, aus der Totalen, ohne Fluchtpunkt, ohne Perspektive des Raumes. Der Fotograf bewegt sich mit einem Fluggerät, dessen Korpus oder Schatten nicht zu sehen ist. Die Menschen stören sich nicht am Überflug, sie schauen nicht hoch zum Fluggerät. Sie wirken uninteressiert, wie Tiere in einem Zoo, die sich nicht für die Zuschauer interessieren. Vielleicht arbeiten sie im Akord und wollen sich nicht von der Arbeit ablenken lassen.Ob es Männer oder Frauen sind lässt sich nur erahnen, es spielt keine Rolle, es sind einfach Arbeitskräfte. Die Arbeiter wiederholen sich mit einer gewissen Monotonie: eine Arbeitskraft, eine abgedeckte Plane, eine Schubkarren. Die Montotonie erinnert an die Fabrikwelten in modern times. Es handelt sich um eine Art Fabrikwelt, auch wenn diese Fabrik open air und mitten in der Landschaft gelegen ist. Gleichzeitig sind die Akteure ganz einfache Menschen. Wie bei Van Goghs Kartoffelessern wird die Gesellschaft von unten her erzählt. Der Name Beelitz hat hier seinen Stellenwert. Beelitz ist eine kleine Stadt südlich von Potsdam, auch als Spargelstadt bekannt. Hier gab es die riesigen LPG´s die die Tier- und Pflanzenproduktion fabrikmäßig betrieben. Die Arbeiter im Bild Beelitz sind durch ihre Arbeitsbedingungen auch nur an der Massenproduktion, nicht an der Natur interessiert.

Auch in diesem Bild zeigt Gursky seine typischen Künstlerischen Mittel: Die ruhige Horizontale, die Höhe des Fotografen, die ungewöhnliche Perspektive, die Reduktion des Menschen zur unbedeutenden Dekoration der von ihm geschaffenen Lebenswelt.



Nun zum Vergleich. Gursky hat eine Fotografie geschaffen, die wie ein abstraktes Gemälde wirkt. Richter hat in „Ausschnitt No. 271“ ein Ölgemälde auf Leinwand geschaffen, dass wie eine Fotografie wirkt. Das ist das Gegenteil von Gursky, hier wird eine Fotografie imaginiert. Was für eine Fotografie es ist, bleibt durch die Unschärfe offen, es könnte eine Holzmaserung sein aber auch eine Landschaftsfotografie vom Flugzeug aus. Wieder ist die Bildkomposition horizontal und linear. Wie bei Gursky lösen kleine Punkte die lineare Komposition etwas auf. Die Runden Dellen erscheinen wie Zeugnisse eines lebendigen Prozesses, wie Astlöcher, vob Menschen ausgehobene Gruben oder Bombenkrater. Der Betrachter zerbricht sich den Kopf, um das Bild zu verstehen, findet aber keine eindeutige Lösung. Je näher wir herantreten, um so mehr löst sich das Bild auf, während wir bei Gursky immer mehr erkennen.

Die beiden Künstler kommen somit von verschiedenen Seiten, Fotografie und Malerei, berühren sich aber auf halben Wege, kommen zu ähnlichen Stilmitteln und Ergebnissen. Es entsteht eine einheitliche Bildkunst mit unterschiedlichen Arbeitsmitteln.


Remake CHO; inspired by "Ausschnitt No. 271" from Gerhard Richter

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